Das Patronat der Stadt Soest über die Kirche zu Meiningsen [1]

[... an dieser Stelle gekürzt, da keine Aussagen zu Meiningsen ...]

4. Das Patronat der Stadt Soest über die Kirche zu Meiningsen.

Unter dem Kirchenpatronat, einer Einrichtung des späteren Mittelalters, versteht man gewisse Rechte und Pflichten einer Person bezüglich einer Kirche, die Sie gestiftet oder ausgestattet hat. Das wesentlichste Recht ist das sogenannte Präsentationsrecht, d. h. das Recht, für ein Kirchenamt eine geeignete Person vorzuschlagen. Dem Patron stehen außerdem noch gewisse Aufsichts- und Ehrenrechte zu. Das Recht ist vererblich und veräußerlich.

Im 16. und 17. Jahrhundert scheint es vielfach als eine Ehrensache gegolten zu haben, Patron einer Kirche zu sein, und so hat sich denn auch der Magistrat der Stadt Soest gegen Ende des 17. Jahrhunderts veranlaßt gesehen, gegen ein allerdings ziemlich geringes, Entgelt das Patronat über die Kirche in dem benachbarten Dorfe Meiningsen (Meininghausen genannt) zu erwerben. Die hierüber angestellte langatmige Urkunde lautet folgendermaßen:

Wir Lübbert vom Brempt zum Berge, Her zu Witten und Heinrich Ovelacker, zum Niedernhofe, thun kund und bekennen hiemit öffentlich vor Uns und Unsern Erben, Als durch Absterben Weilandt Johann vom Lohe und Catharinen vom Brempt, Eheleuthen, Auch Ihrer Kinder, deroselben hinterlaßene in dero Stadt und Bothmäßigkeit von Soest gelegene Erb- und güther auf uns vererbt, dahero uns ihrenw. Stadt Soest den Zehnden Pfenningh itzgem. Erb und Güther halber, wie daselbst von Alters herbracht und Stadt rechtens zu entrichten und abzutragen gepühret und dan Wir uns mit einem Erb.(aren) Rathe und den Zwölffen eh-renged. Stadt dahin verglichen, das ein Erb.(arer) Rath, das uns anerfallene jus Patronantus der Kirchen zu Meininghausen in dero Stadt Soest, Boerde und Bothmäßigkeit gelegen von uns anstatt des Zehnden Pfennings anzunehmen willigh. Das demnach einem Erb. Rathe der Stadt Soest, wir das Jus Patronatus der Kirchen zu Meininghausen anstatt des Zehnden Pfennigs berürter uns anererbter Güter erblich cediret aufgetragen, assignirt und übergelaßen haben, cediren, austragen, assigniren und überlaßen hiermit und in Krafft dieses Briefes zum bestenbigsten in aller bester Form, wie zu rechte oder nach Gewohnheit geschehen soll, kan oder magh. Solchs nun hinfüro und zu ewigen Tagen zu besitzen, zu gebrauchen, und zu behalten, Setzen hiemit wolged. einen Erb. Rath dero Stadt Soest in eine restliche und ruheliche Possession und Besitz. Dieweil Wir aber ehehafter Verhinderung halber dieser Cession, Auf-trage und Uberlaßungh persönlich nicht beiwohnen können, Alß haben Wir zu der würklichen Vollziehung dem Erbarn Casparn Krevet, Bürgern zu Soest, alß Unsern ohne das gerichtlich gesetzten Volmächtigen vollekommen macht und Befehl gegeben, Geben und befehlen Imm auch hiermit und in Kraft unser geschriebener gewöhnlicher darauf gedruckter Pittschaft be-festigter und Ihme mitgetheilter Vollmacht obverftandenes jus Patronatus von Unsernt wegen und in Unsern Namen vor Uns und alle Unsern rechte Erben, zu Soest im Gerichte vor den Vier bencken gerichtlichen außzuziehen, zu cediren und abzutretten. Gereden und versprechen auch festiglich nimmer darauf mit oder ohne einigen Geist-Weltlichen rechten zu sagen, zu fördern noch anzusprechen. Neben dem so geloben Wir auch für Uns und Unsere Mitbenennte bei unseren waren Worten, waren ehren und glauben mehrgem. einem Wohlachtbaren Rathe und den Zwölffen dero Stadt Soest und allen Ihren Nachkommen dießer erblichen Cession und überlaßungh leddigh und freiy alle Zeit rechte und vollekommene Warschaft (Gewähr-schaft, Bürgschaft, Garantie) zu thun alle rechte Ansprache und Forderungh mit oder ohne recht so oft und mannigmahl solches nöthig, sondern allen Iren Schaden abzuschaffen und sie gänzlich schadlos zu halten, alß zu Soest recht und Gewohnheit auch sonsten landsittlich ist bei understellung aller Unser güther, Sonderlich aber des Hofes zu Meininghausen und des Hauses Caterbecke (Katrop) in dero Stadt Soest Botmäßigkeit gelegen sich davon ohne einige Anstellungh gerichtlichen Proceßes in Macht gewonnenen rechtens gentzlich und vollekommenlich haben zu erholen. Dessen zu warer Urkundt und wahrer Sicherheit auch steter Fest-haltung haben wir vor uns und Unsern Erben nicht allein diesen Brief mit Unsern eigenen Händen unterschrieben und mit unsern anhagenden Ingesigeln confirmirt und befestige. Son-dern auch den Ehrenhaften und Wohlerfahrnen Thomann Koep, Weltlichen Richtern zu Soest vor Uns und Unsern Mitbenennten diesen Brief zu versiegeln durch besagten Caspar Krevet ersuchen lassen. Welchs ich itzgem. Richter also wahr sein hiemit öffentlich thue bezeugen und habe auf oftgem. Partheien begeren mein gewohnlich Gerichts-Sigill wißentlich an diesen Brief gehangen, Und bekenne, daß diese erbliche Cession, vorziech. Außgangh und alle ob-berschriebenen Punkte vor mich im Gerichte also ergangen sein, alß vorgeschrieben Stehet, und sind hierbei mit über und angewesen die Ehrehaft und Achtbahre Henrich Marquard, und Johann Michels auß mittel eines Erb(aren) rathes und der Zwölffe dero Stadt Soeft verordnete Sterbherrn jetziger Zeit zur Stedde als glaubwürdige Zeugen hierzu derlich erfördert und gebetten auch Crato Stüßken geschworener Standtgenosse des Gerichtes.

Geschehen im Jahr Christi Gebuhrt Thausend Sechshundert und Vierzehn am zwanzigsten Monats Augusti stilo veteri.

gez. Lübbert vom Brempt. (L. S.)  Heinrich Ovelacker (L. S.)

(Alle drei Siegel sind abgefallen.)

Im Siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert hat die Stadt ihr Patronatsrecht dadurch ausgeübt, daß sie bei der Wahl eines neuen Predigers der Meiningser Gemeinde drei Kandidaten vorschlug, woraus dann die Gemeinde einen wählte. Irgendwelche Pflichten gegen die Kirchengemeinde Meiningsen hat die Stadt, wie es scheint, bis ins neunzehnte Jahrhundert nie zu erfüllen gehabt, namentlich hat Sie zu den Kosten der Unterhaltung der Kirchen- und Pfarrgebäude nichts beigetragen.

Das im Jahre 1794 in Kraft getretene preußische Allgemeine Landrecht hat nun in seinem zweiten Teil, und zwar in den §§ 584 ff des elften Titels die Rechte und Pflichten des Kirchenpatrons genauer bestimmt. Er hat das Präsentationsrecht, das Recht auf einen Kirchenstuhl im Chor, im öffentlichen Kirchengebet muß seiner besonders gedacht werden, usw. Auf der anderen Seite hat der Patron die bedeutungsvolle Pflicht, in Ermangelung eines hinlänglichen Kirchenvermögens „zur Erhaltung der Kirche beizutragen." Nach der Rechtsprechung fällt hierunter die Erhaltung der Gebäude und der Zubehörungen, auch der Orgel. Auch Neu- und Erweiterungsarbeiten gehören hierzu. Der Beitragsanteil des Patrons ist, – abgesehen von den von den Eingesessenen zu leistenden Hand- und Spanndiensten – im Gesetz nicht genau angegeben.

Die durch das Allgemeine Landrecht begründete Unterhaltungspflicht des Patrons wurde dem Magistrat von Soest zum ersten Mal im Jahre 1828 in unliebsamer Weise zu Gemüte geführt: Die Kirchengemeinde zu Meiningsen verlangte von der Stadt einen Beitrag zu den Kosten der Unterhaltung der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude. Der Magistrat lehnte eine solche gänzlich ungewohnte Zumutung ab und ließ es zum Prozeß kommen. In den beiden ersten Instanzen wurde die erhobene Klage abgewiesen, das Geheime Obertribunal in Berlin als Revisionsinstanz verurteilte jedoch die Stadt, vom 9. Juli 1828 ab zu den Bau- und Unterhaltungskosten der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude zwei Drittel beizutragen. Seitdem hat die Stadt im Laufe der Jahre wiederholt kleinere und größere Beträge, u. a. im Jahr 1877 2165 Mk. für eine Orgel, zu den Kosten der Unterhaltung der Kirchen- usw. Gebäude beigesteuert.

Machte nicht der § 610 a. a. O einen Verzicht auf das Patronat und der damit verbundenen Obliegenheiten unmöglich, würde sich die Stadt Soest schon längst dieses kostspieligen Ehrenrechts begeben haben, Verhandlungen über eine gütliche Ablösung des Patronats, die kurz vor 1870 geschwebt haben, führten zu keiner Einigung.

Die mit 1850 beginnenden städtischen Akten wegen der Pfarrwahl in Meiningsen ergaben, daß der Magistrat nach dem unfreiwilligen Ausscheiden des Pfarrers Hermanni für die Pfarrwahl von 1850 – wobei der Kandidat Geck gewählt wurde – und für die Wahl von 1890 – wobei der Kandidat Raabe gewählt wurde – von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch gemacht hat.

[... an dieser Stelle gekürzt, da keine Aussagen zu Meiningsen ...]

Quelle

  1. Heinrich ten Doornkaat Koolmann: Mitteilungen über gewisse Verhältnisse und über Berechtigungen der städtischen Verwaltung, die aus alter Zeit stammen, heute noch von einiger Bedeutung, weiteren Kreisen aber unbekannt sind. Siehe Literaturverzeichnis.