Zur Geschichte des Meiningser Friedhofes

Dr. Klaus Heineman recherchierte akribisch zur Entstehungsgeschichte des neuen Friedhofes zu Meiningsen und veröffentlichte dazu einen lesenswerten Artikel in den Heimatblättern des Soester Anzeigers:

„. . . in Steine und Wasser gesetzt . . ." [1]

Anlage eines neuen Friedhofes in Meiningsen vor 100 Jahren

Einzelne, noch erhaltene Grabsteine rund um die Meiningser Kirche – wohl die älteste unter den Kirchen der Soester Börde – erinnern noch heute an den Friedhof, der sich früher dort befand. Trotz einer Erweiterung im Jahre 1859 [2] reichte der Platz wie in vielen Gemeinden mit wachsender Seelenzahl bald nicht mehr aus. So teilte Pastor Geck am 15.2.1886 dem Soester Magistrat als dem Patron der Kirche mit, „daß der Kirchenvorstand wahrscheinlich beschließen wird, weil hier noch auf dem Kirchhofe beerdigt wird, der völlig ausgenutzt ist, in diesem Jahre einen neuen Begräbnisplatz anzukaufen und den Ausbau des Küsterhauses (dafür) noch aufzuschieben.“ [3]

Pastor Geck war der Meinung, der alte Friedhof sei 900 Jahre lang benutzt worden – und abgesehen von den Erbbegräbnissen – wohl 30mal belegt worden. [4]

 In einer Versammlung der Mitglieder des Kirchenvorstandes am 26. März 1886 setzte Geck die Anwesenden davon in Kenntnis, daß die Bewohner „der Meiningser Bauer“ beim Landratsamt in Soest die Beschaffung eines neuen Begräbnisplatzes beantragt hätten, weil auf dem alten „die Särge in Steine und Wasser gesetzt würden, auch nur noch 3 oder 4 Gräber auf dem neuen Theile des Kirchhofes gemacht werden könnten.“ [5]

Ehrenamtmann Smiths aus Meyerich hatte Geck gebeten, sich dazu zu äußern. In dessen Antwort hieß es, auf dem 1859 angekauften Grundstück könnten nur noch zehn Gräber angelegt werden, dann aber müsse ein anderer „Todtenhof“ an gekauft werden. „Es sei indeß wahrscheinlich, daß in den letzteren Wasser stehen würde. Wenn dies der Fall wäre, dürfte wohl dort nicht beerdigt werden, weil die Gefühle der Leidtragenden dadurch verletzt würden. Indeß sei es zu versuchen, es könne auch nicht der Fall sein.“. . .

St. Matthias Kirche„. . . besonders klein aber war vor Ankauf des Borgh. Grundstücks der Raum für Nichtbesitzer von Erbbegräbnissen. Der Ankauf eines neuen Totenhofes würde gewiß den Wünschen der meisten Gemeindeglieder entsprechen, und ist ebenso zeitgemäß, als nötigh.“

Die Versammlung beschloß, mit den Beerdigungen auf dem alten Friedhof an der Kirche zum Ende des Jahres aufzuhören, abgesehen von den Erbbegräbnissen, „in welchen gegenwärtig noch Platz vorhanden ist.“

So mußte ein geeignetes Grundstück gefunden werden, das mindestens 1¼ Morgen groß sein sollte, da jährlich etwa 12 – 13 Personen beerdigt wurden. Kreisphysikus Dr. Bremme besichtigte daraufhin vier vorgeschlagene Grundstücke, „von denen nur 2 seinen Beifall gehabt, nämlich ein Pfarrgrundstück am Heswege und ein Grundstück des Landwirth Blumendeller hinter dem „Altengarten“ am Wege nach Epsingsen.“

Von der Kirchenverwaltung genehmigt und heute noch erhalten: Das Sandsteinkreuz des Friedhofes. Gegen den Ankauf des letzteren sprach die Tatsache, daß am „Altengarten“ sechs Wege vorbeiführten, die bei Regen- oder Tauwetter aus höheren Gegenden viel Wasser herbeiführten und der Hohlweg im Winter häufig voll Schnee lag. Außerdem wollte Blumendeller das drei Morgen große Grundstück nicht teilweise, sondern nur insgesamt verkaufen. Mit dem Pfarrland ergaben sich aus dem Grunde Schwierigkeiten, weil es in kleinen Abteilungen bis 1888 als Gartenland verpachtet war, und die Pächter sich weigerten, es früher abzugeben. Das Presbyterium wurde deshalb beauftragt, die Rechtslage bei der Verwaltungsbehörde zu klären. Dem Magistrat in Soest teilte Geck mit, „daß wir die Verhandlungen über den Umbau des hiesigen Küsterhauses seit Jahresanfang haben ruhen lassen, weil wir durch den Herrn Landrath zur Anlegung eines neuen Todtenhofs veranlaßt worden sind“ und auch aus dem Grunde, „weil die Gemeinde in nächster Zeit ca. 800 Thlr. für Anlegung eines anderen Todtenhofs aufzubringen haben wird . . .“ [6]

alter friedhofHeute befinden sich im Kirchhof nur noch die alten Grabsteine der Erbbegräbnisse. In der Sitzung des Presbyteriums und der Repräsentanten am 31. Oktober 1886 wurde vorgeschlagen, daß die Katholiken, die in Meiningsen wohnten, auch auf dem neuen Friedhof „nach ihrem kirchlichen Ritus beerdigt werden sollen“, und die Gebühren dafür nach Grund-, Gebäude-, Klassen-, Einkommen- oder Gewerbesteuer erhoben werden sollten.

Katholiken und Evangelische sollten nebeneinander ruhen

Das brachte den Kirchmeister auf eine neue Idee. Nach der Verlesung des Protokolls erklärte er, „es sei für die Gemeinde von großem Vortheil, wenn kein kirchlicher, sondern ein kommunaler Friedhof angelegt würde, und beantragte, daß die politischen Gemeinden Meiningsen und Epsingsen das Pfarrgrundstück zum Begräbnisplatz kauften.“ [7]

Das Konsistorium in Münster ließ nun durch den Superintendenten Marpe das Presbyterium auffordern, den zum Begräbnisplatz bestimmten Teil des Pfarrlandes am Heswege vermessen zu lassen und die größere Gemeindevertretung über die Beschaffung der Mittel zu beschließen.

alter FriedhofLetztere sollte darüber hinaus die verbindliche Zusage geben, „daß auch die Katholiken, welche innerhalb der Parochie wohnen, auf dem neuen Kirchhof beerdigt werden sollen“. Diesen Aufforderungen kam das Presbyterium nach und ließ das in Aussicht genommene Grundstück durch den Soester Gerichtstaxator Teigelkampff abschätzen. Dieser veranschlagte für die benötigte Fläche 1800.– Mark.

„Nun würde es für die Eingesessenen in Meiningsen und Epsingsen von großem Vortheil sein, wenn der Todtenhof nicht kirchliches, sondern kommunales Eigenthum, wenn er nicht von der Kirchengemeinde, sondern von den beiden politischen Gemeinden Meiningsen und Epsingsen käuflich erworben würde“.

Offensichtlich hatte der Kirchmeister, der ja die Gelder der Kirchengemeinde zu verwalten hatte, daran gedacht, mit dem Kauf des Grundstücks nicht die Kirchenkasse zu belasten, sondern für diese einen Gewinn zu erzielen. Das Presbyterium erhielt jedenfalls den Auftrag, beim Konsistorium in Münster die Genehmigung einzuholen, das bezeichnete Grundstück an die beiden politischen Gemeinden zu verkaufen.

Kommunalem Friedhof eine Absage erteilt

Das Konsistorium jedoch verweigerte seine Zustimmung unter Hinweis auf die Kirchenordnung von 1835, die es allen Presbyterien zur Aufgabe mache, dafür zu sorgen, „daß die Kirchhöfe Eigenthum der Kirchengemeinden werden“. [8]

Es begründete weiterhin, weil der jetzige Friedhof ein kirchlicher sei, dürfe auch der neue kein kommunaler, sondern müsse wiederum ein kirchlicher sein. Dieses läge im Interesse der Kirchengemeinde, und deshalb käme ein Verkauf an die politischen Gemeinden nicht in Betracht. Ferner verfügte das Konsistorium, für die nicht zur Kirchengemeinde gehörigen Ortseingesessenen eine besondere „Grabstellen-Gebührentaxe“ aufzustellen. Der Pfarrer müsse außerdem zur Aufhebung seines „Nießbrauchrechtes“ an dem Pfarrland seine ausdrückliche Zustimmung geben.

Gegen Ende des Jahres 1886 beschlossen dann Presbyterium und Repräsentantenkollegium gemeinsam, dem Vorschlag des Konsistoriums zu folgen und „von Beschaffung eines kommunalen Friedhofs Abstand zu nehmen“. Damit waren die Würfel gefallen.

Zur Anlage eines kirchlichen Friedhofs wollte man das vorbezeichnete Grundstück des Pfarrfonds am Heswege jedoch nicht kaufen, sondern es auf sechs bis zwölf Jahre pachten. Dies allerdings unter der Bedingung, daß es der Kirchengemeinde höheren Ortes gestattet würde, es nach Ablauf dieser Frist käuflich zu erwerben, da es gegen das Interesse der Gemeinde und des Pfarrers sei, das Grundstück so lange zu pachten, als es zu Friedhofszwecken diene.

Der Pfarrer sollte – so beschloß die Versammlung – für die Aufgabe seines ,,Nießbrauchrechtes" an diesem Grundstück jährlich zu Martini 72 Mark an Pacht erhalten. [9]

„Endlich beschloß die Versammlung noch, daß die hier wohnenden Katholiken ihre Verstorbenen nach ihrem Religionsgebrauche, und unter Mitwirkung eines Geistlichen ihrer Konfession gegen Entrichtung einer Grabstellen-Gebühr von 1 Mark auf dem neuen Todtenhofe beerdigen können, und daß diese Grabstellen-Gebühr von den in gemischter Ehe lebenden Katholiken, welche alle Kinder evangelisch werden lassen, nicht eingefordert werden soll.“

So beschloß die größere Gemeindeversammlung, von dem der Kirchengemeinde gehörigen Pfarrgrundstück den entsprechenden Teil zur Anlage eines neuen Kirchhofs zu verwenden und dafür dem Pfarrer für den Verlust seines Nießbrauchs jährlich 72 Mark als Entschädigung zu zahlen.

Auch den Plan, das Pfarrland vorerst nur zu verpachten, vereitelte das Konsistorium. Es ließ wissen, es könne dieses Vorhaben der Kontrollinstanz nicht zur Bestätigung vorlegen. da zwischen der Kirchengemeinde Meiningsen und dem Pfarrfonds keine Rechtsgeschäfte abgeschlossen werden könnten, weil letzterer „keine juristische Persönlichkeit“ sei. Der Pfarrfonds sei ein Teil des Kirchenvermögens mit dem Zweck, dem Pfarrer zum Nießbrauch zu dienen, er sei also Eigentum der Kirchengemeinde. Daraus folge, daß die Kirchengemeinde das Pfarrgrundstück weder pachten noch kaufen könne. Die Verwendung des Grundstücks als Friedhof könne also nur in der Weise erfolgen, daß die evangelische Gemeinde es dem Nießbrauche entsprechend entschädige. Auch könne nicht genehmigt werden, daß das Grundstück dem Nießbrauche des Pfarrers entzogen würde, wenn nicht eine ganz unverhältnismäßig hohe Entschädigung gezahlt werde, da das Recht, ein Grundstück zu benutzen, „unter allen Umständen dem Besitze eines zur Zeit gleichwerthen Kapitals vorzuziehen sei.“

SandsteinkreuzFriedhofsanlage wurde zur kostspieligen Angelegenheit

Am 24. April 1887 konnte Pastor Geck dem Kirchenvorstand dann eröffnen, das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten habe „die Kirchhofsangelegenheit“ genehmigt, und das Königliche Konsistorium stimme zu, den „Todtenhof“ auf dem benannten Grundstück anzulegen. Daraufhin faßte die Versammlung folgende Beschlüsse:

  1. In der Mitte des Grundstücks soll eine bequeme Auffahrt angelegt werden.
  2.  Das Grundstück soll im Ganzen geebnet werden.
  3.  Nach Genehmigung des Kirchmeisters soll ein Gärtner das Grundsück einteilen.
  4.  Nach erfolgter Einteilung soll das Grundstück mit Grassamen bestellt werden.
  5.  Es soll zunächst mit Draht eingefriedigt werden; die „lebendige Hecke“ soll im Herbst angepflanzt werden.
  6.  An der Nordseite wird ein schmiedeeisernes Tor gebaut.
  7.  Es soll ein Kreuz aus Sandstein errichtet werden.

Die Beschlüsse zu 3 und 4 hatte das Presbyterium gegen die ortsübliche Vergütung ausführen zu lassen, die übrigen Anlagen wurden öffentlich ausgeschrieben.

Bereits eine Woche später lagen Angebote für das Tor und den Drahtzaun vor, die Torpfeiler aus Sandstein sollten in Soest angekauft und dann aufgestellt werden. Alle Anbieter hatten das Protokoll zu unterschreiben und waren drei Tage an ihr Gebot gebunden, innerhalb dieser Frist mußte das Presbyterium einem von ihnen den Zuschlag erteilen. In welche finanzielle Enge die Kirchengemeinde durch die Anlage des neuen Friedhofs gebracht wurde, zeigt das Protokoll der Versammlung der größeren kirchlichen Gemeindevertretung vom 19. Juni 1887. Hieraus ergibt sich. daß der Landwirt Linnhoff der Kirchengemeinde insgesamt 270,70 Mark zu 4% geliehen hatte, damit die Auslagen für Zeichnungen, Gebühren und Gutachten überhaupt bezahlt werden konnten.

Zur Einteilung des neuen Friedhofs wurde das Folgende beschlossen:

neuer Friedhof„Zu Erbbegräbnissen soll eine Hälfte des Totenhofs und zwar die Westseite an die Kauflustigen verkauft werden, und soll der Werth der Erbbegräbnisse nach dem Kaufpreis des Todtenhofs, der 1800,– Mark gekostet hat, berechnet werden. Der aus 6 Beerdigungsstellen bestehende Begräbnisplatz für die Pfarrei soll auf dem Felde nächst beim Kreuze angelegt werden.“ In gleicher Größe sollte auch der Platz für die Küsterei eingerichtet werden. Für die anfallenden Arbeiten auf dem neuen Friedhof beschloß die Gemeindeversammlung, einen Totengräber anzustellen, „und soll dieses Amt öffentlich wenigstfordernd“ ausgeschrieben werden.

Am 18. April 1888 erschienen vier Bewerber, denen die Obliegenheiten eines Totengräbers genau mitgeteilt wurden. „Auch ward ihnen mitgeteilt, daß der Totengräber die Gebühren von den Hinterbliebenen selbst zu erheben hätte.“ Die Brinksitzer [10] Borghoff und Michaelis sowie der Ackersmann Schenkel verlangten für das Ausheben eines kleinen Grabes 1,20 Mark, für ein großes 1,50 Mark. Schreiner Bals unterbot beide Arbeiten um je 5 Pfennige.

In der folgenden Sitzung wurde bekannt, daß der Landwirt Linnhoff der Kirchengemeinde nicht nur 270 Mark, sondern insgesamt 794,40 Mark zu 4% geliehen hatte, „womit fast alle Rechnungen für Vermessung. Abschätzung, Untersuchung der Bodenbeschaffenheit, sowie für die auf betr. Grundstücke gemachten Angaben bezahlt seien.“ Die Zinsen für 1888 konnten aus dem Verkauf zweier Grabstellen bezahlt werden.

Pastor Geck. der bisher die Friedhofsrechnungen geführt hatte, gab dieses Amt am 10. November 1888 an den Kirchenkassen-Rendanten Winkelmann in Soest ab. An diesen hatten auch die Käufer von Erbbegräbnissen mit sechs Grabstellen von nun an den Betrag von 24,60 Mark zu bezahlen. was spätestens nach drei Monaten zu geschehen hatte.

Quellen und Anmerkungen

  1. Heinemann, Dr. Klaus: "... in Stein und Wasser gesetzt ...". Erschienen in: Heimatblätter für Geschichte, Kultur und Brauchtum im Kreis Soest. Jahrbuch 2, S. 62-65. Siehe Literaturverzeichnis.
  2. Es kam danach ¼ Morgen vom Borghofschen Hofe hinzu. Wolfgang Rausch. Geschichte der Kirchengemeinde Meiningsen (Entwurf), S. 53.
  3. Stadtarchiv Soest, Akten Abteilung C 1670.
  4. Presbyterium-Protokollbuch-Meiningsen seit 1845.
  5. Ebd. Alle folgenden nicht besonders gekennzeichneten Zitate sind diesem Protokollbuch entnommen.
  6. Stadtarchiv Soest, Akten Abteilung C 1670.
  7. Es war aber gegen die Geschäftsordnung. nach Beschlußfassung noch etwas Neues vorzutragen. So mußte dieser Punkt vertagt werden.
  8. Kirchenordnung von 1835.
  9. Das waren die Zinsen von 1800,– Mark Taxwert zu 4%.
  10. Brink = ein höher gelegener Platz im Gelände. Die altansässigen Bauern waren Meistbeerbte oder Meistberechtigte, spätere Ansiedler nannte man Kötter oder Brinksitzer. Vgl. Paul Stein. Dinker – Ein Heimatbuch für das Kirchspiel. Soest 1934. S. 44.

Siehe auch