Passus aus dem Synodenbericht Viktor Raabes von 1932: [1]

"Die Tage des 'gemütlichen' Christentums sind jedenfalls gründlich vergangen. Die Weltbewegung des Bolschewismus macht sich zum Träger wütendsten Hasses gegen jede Religion. Sie scheint der Antichrist unserer Tage zu sein. Gegen seine Angriffe rüstet sich die Kirche. Aber ebenso hat sie sich zu wehren gegen jene neue Religion, die vom Standpunkt eines modernen Rassegedankens aus für das deutsche Volk nur eine 'germanische' Religion gelten lassen will, nicht eine auf 'semitischem Boden gewachsene'. Das kleinste Diaspora-Dorf spürt heute, daß Kampfzeit anbrach. Wo liegt nun unsere Stärke? Daß die Kirche sich bemüht, auf allen möglichen Wegen in die Öffentlichkeit zu gehen, daß sie durch Massenversammlungen und konkurrenzfähige Zahlen zeigen will, wie viele noch zu ihrer Fahne halten, ist wohl nötig und gut. Daß die Christen der ganzen Welt als eine zusammengehörende Schar sich auf den einen Leib Christi zu besinnen anfangen, ist erfreulich, wenn es auch reichlich spät und langsam geschieht. Ob die ganze gegenwärtige Organisation unserer Kirche dem kommenden Sturm gewachsen ist, wird sich zeigen müssen. Daß in jeder Gemeinde Pfarrer, Presbyter und Gemeindeverordnete mit Liebe und Treue über das kirchliche Leben wachen, wie erfreulich und erwünscht bleibt das alles. Aber alles das hilft nichts und wird nie unsere Stärke, wenn nicht Gottes Geist Menschenherzen faßt, so daß sie das Wunder der Wirklichkeit Jesu Christi wieder sehen lernen und in ihm den einen Fels, der im brandenden Meer des ewigen Auf und Ab der Weltgeschichte fest und unerschüttert bleibt. Unsere Stärke ist der unergründliche Inhalt der Bibel, wenn er von uns immer wieder neu und lebendig erfaßt wird. Daß unsere Gemeinden diesen Schatz, diese Wehr und Waffen besitzen, das ist unser Wunsch, das sollte unser Gebet sein; 'Suche Jesum und sein Licht, alles andere hilft dir nicht!'"

Quelle

  1. Verhandlungen der Kreissynode Soest in Soest, am 10. Oktober 1932. S. 7.